25 Mrz Unsere menschliche Beziehungskultur
Unsere menschliche Beziehungskultur
Heute läuft einer meiner Lieblingsfilme im Fernsehen. Er inspiriert mich jedes Mal aufs Neue. Allein wenn ich das Wort Fernsehen deutlich in meinen Kopf rufe. Ja, es passt, Fern-Sehen. Es passt genau zu der Inspiration die mich heute durchdringt und mich diese Zeilen schreiben lässt.
Eat, Pray, Love. Ein Film der genau den Kern der heutigen Zeit trifft. Selbst dem Letzten unter uns, dürfte inzwischen klar sein, dass unsere Beziehungskultur im Wandel ist. Spätestens mit dem Internet begann es. Plötzlich ist niemand mehr Fern, sondern alles wird Nah, erreichbar. Unser Denken hat sich verändert und damit auch unsere Beziehungen.
Wir leben Fern-Beziehungen, doch sobald sie näher werden, scheitern die meisten früher oder später und es folgt Trennung. Es lockt das Unbekannte und wollen nicht mehr so leben wie unsere Eltern und Großeltern dies taten. Immer nur für einen Menschen da sein. Ich spreche hier nicht von den Menschen die im Duo zufrieden sind und bis an ihr Lebensende zusammenbleiben. Das dürfte die Minderheit mittlerweile sein.
Ich spreche von den Menschen die auf der Suche sind. Auf der Suche nach dem perfekten Partner. Da unsere Familien immer kleiner werden, sollte dieser Partner -damit meine ich auch die weibliche Form- am besten für alles zuständig sein. Er war es, ist es nicht mehr? Ist zu alt geworden? Zu dick? Was solls? Das Internet gibt es her, wir suchen uns eben einen Neuen.
Ich habe schon Begriffe gehört wie Wegwerfbeziehungen, Partnershopping und Lebensabschnittsgefährten. Egal wie man es benennen mag, es bleibt ein bitterer Nachgeschmack.
Und trotzdem, wir suchen und suchen und suchen. Wonach eigentlich? Ich habe noch nie jemanden kennengelernt, der keine erfüllte Beziehung möchte. Logisch, denn wir haben nun mal ein soziales Gehirn. Doch warum klappt das so selten?
Die Menschen werden oberflächlicher, sie denken nur an sich, die Auswahl ist zu groß. Es geht zu viel. Niemand will sich mehr festlegen, alles soll unverbindlich bleiben. Doch Zusammenhalt, Verlässlichkeit, Geborgenheit und Sicherheit, dass soll bitte trotzdem sein. Werden diese Bedürfnisse nicht erfüllt? O.k. Internet-Katalog auf, und der oder die Nächste bitte.
Glauben wir Menschen wirklich, dass Beziehungen im Regal lagern? Das es mit dem nächsten Partner, der nächsten Partnerin klappen wird? Dies ist das alltägliche Bild unserer heuten Beziehungskultur.
Es ist paradox. Das was wir Menschen uns wünschen steht im Gegensatz dazu, wie wir uns verhalten. Doch warum ist es so?
Die Technik hat einen riesigen Anteil daran. Die Technik verändert unser Denken, unser Gehirn, unsere Beziehungen. Wir klammern uns an die Technik und damit einen großen Teil in uns aus.
Haben Sie schon mal versucht, wenn Sie sich auf technisches konzentrieren, mitfühlend zu sein?
Sie können Multitasking? Dann können sie schlicht und einfach n i c h t mitfühlend sein. Denn das fordert unsere gesamte Aufmerksamkeit. Mitfühlen heißt, im Innenleben des anderen voll und ganz präsent sein.
Es ist gehirntechnisch gesehen gar nicht möglich, die gesamte Aufmerksamkeit aufzuteilen. Auch wenn es sich für Sie so anfühlen mag. Und da sind wir schon beim richtigen Wort. Fühlen! Was heißt das eigentlich? Fühlen, die reine Essenz des Fühlens, kommt OHNE Worte daher. Es ist körperlich spürbar, in Farben und/oder unbeschriebenen Bildern kommt ein Empfinden zusammen, dass wir fühlen nennen.
Unsere Gefühle sind unsere Freunde, die uns solange hinterherrennen, bis wir Ihnen zuhören!
Unsere Gefühle sind eine Sprache ohne Worte, die uns darüber informieren, wie wir gerade im Moment erleben. Haben wir keine Gefühle, haben wir auch nicht das Empfinden zu erleben. Wir sehen das Leben an uns vorbeiziehen wie einen Film, den wir unbeteiligt betrachten.
„Er, Sie, hat meine Gefühle verletzt!“ Das höre ich so oft. Und ich frage mich wieder mal, wie funktioniert das eigentlich? Wie kann ich die Gefühle eines anderen verletzen? Die Antwort ist, es geht gar nicht. Wir können im anderen nur etwas auslösen. Und ausgelöst wird in uns das, was schon da ist. Was sich uns eingeprägt hat. Unser Gehirn spult ab, was es in sich trägt und zu der jeweiligen Situation passt. Wenn wir etwas nicht kennen, dann macht es auch nichts mit uns.
Wenn wir also solche Beziehungen nicht mehr leben wollen wie unsere Eltern oder Großeltern, dann sprechen wir von Erinnerungen, die wir gespeichert haben, bewusst oder unbewusst, und für uns entschieden haben, so wollen wir nicht leben. Oder wir haben schlechte Erfahrungen gemacht und wollen das nie mehr erleben.
Doch allein dies zu sehen ist oberflächlicher als man vielleicht denken mag.
Beziehungen sind essentiell. Ohne Beziehungen können wir nicht gedeihen. Ohne Beziehungen können wir uns nicht erkennen und spüren. Babys ohne Beziehungen sterben.
Unsere Beziehungskultur ist im Wandel. Das Alte hat sich nicht bewährt und das Neue ist noch nicht be-greifbar. Und wie es immer so ist, wenn etwas im Wandel ist – die Evolution zeigt es uns immer wieder – muss erst Chaos entstehen, damit es sich neu ordnen kann.
Vielleicht müssen wir unsere Beziehungskultur von oben herab im Blick eines Jahrhunderts oder mehr betrachten um zu erkennen was da passiert.
Fakt ist, und das ist wissenschaftlich erwiesen, unser Gehirn verändert sich seit Einzug der Technik. Fakt ist, auf der rationalen, logischen, linearen Gehirnhälfte, die wir für die Technik brauchen, ist es nicht möglich Beziehungen zu führen, in denen wir das leben können was wir alle suchen. Das ist ein unübersehbarere Grund, warum sich die Beziehungskultur wandelt. Denn dazu brauchen wir die emotionale, kreative, fühlende Seite in uns. Und die ist genau gegenüber. Sein Gehirn und die Funktionen zu kennen, heißt zu lernen, sich selbst und/oder eine Situation auszugleichen und damit beziehungsfördernd zu sein.
Der Film mit Julia Roberts, Eat, Pray, Love, zeigt auf, um was es gerade am meisten geht. Nämlich darum, sich selbst zu finden. Wir wollen keine Zweckbeziehungen mehr, keine Beziehungen mehr, die uns festnageln, in denen wir uns aufopfern oder unsere und des anderen Lücken füllen müssen. Wir wollen Beziehungen die frei und trotzdem miteinander verbunden sein lassen. Ebenbürtige Beziehungen. Doch dazu müssen wir uns erst uns selbst zuwenden und den Ballast unserer Gehirne von den Erfahrungen unserer Großeltern und unserer Eltern befreien. Von dem Ballast, den uns unsere Erfahrungen beschert haben und dem Ballast der Vorstellungen davon, wie Beziehungen auszusehen haben.
Nur wer sich selbst erkennt, kann den anderen erkennen und lernt mit sich selbst eine erfüllte Beziehung zu führen, hat keinen Mangel mehr, den ein anderer sowieso nie zu füllen vermag. Nur wer sich selbst erkennt, kann sich die Freiheit geben, eine Beziehung einzugehen, die frei und doch verbunden sein lässt.
Doch noch ist alles im Wandel und der andere trägt vermeintlich daran die Schuld, dass es uns selbst so schlecht geht….oder bist du schon weiter gegangen…? Ja, der liebe Mensch und seine Irrungen und Wirren!
Möge dein Inneres, wie ein klarer Bach im Frühling, dahinplätschern und du dich darin wohlfühlen!
Herzlichst,
Andrea Albus